„Camel“-Fußnote als Kann-Regel: Rauchen „kann“ tödlich sein, muss also nicht

Raucher können hierzulande schon lange nicht mehr bedenkenlos zur Zigarette greifen; und die Tabakmanufakturen haben große Probleme, das Zeug an die Süchtigen zu bringen. Wer heutzutage Tabakwaren herstellt und dafür Werbung machen will, der hat nicht nur ein Handikap, sondern diverse.

Meilenstein: „Camel“-Werbung aus dem vorigen Jahrhundert

Da sind die Restriktionen beim Einsatz von Werbeträgern, und da sind die gruseligen Aufdrucke auf den Packungen und die vorgeschriebenen Warnhinweise. Und in der Werbung abgelichtete Personen sollten schon immer erkennbar über 30 Jahre alt sein. Und last but not least darf Werbung für Tabakprodukte nicht mehr so intensiv erfolgen, wie es früher mal der Fall gewesen ist.

Ein weiteres Merkmal: Zigaretten-Dealer und Zigaretten-Werber leisten Beihilfe zum Suizid. Darum akzeptieren viele Werbeagenturen keinen Zigarettenetat, ganz zu schweigen von den Mitarbeitern der Agentur, die verantwortungsvoll handeln möchten. Und was das City-Light-Poster (siehe Abbildung unten!) anzeigt: Es gibt offensichtlich auch ein Problem mit den Models, die sich für Werbeaufnahmen für Zigaretten zur Verfügung stellen.

„Camel“ 2017: Mach Dein Ding!

Spießiger Rückblick: Früher ging ein Mann meilenweit durch die Wildnis, um einen Zigaretten-Automaten zu finden, aus dem er ein Päckchen „Camel“ ziehen konnte – siehe die Anzeige oben! Das ist fast ein halbes Jahrhundert her. Aber genau diese Anzeige könnte Hersteller Reynolds heute wieder schalten, zumal Raucher in dieser Gegend noch ohne Einschränkungen ihrem Laster frönen können.

Stattdessen ist ein Fotograf für „Camel “ nach Afrika gereist und hat dort beim Casting einen Kameltreiber gefunden, der bereit war, auf einem Poster für Deutschland eine Zigarettenpackung in die Hand zu nehmen. Und auf dem Foto erkennt man, dass der Mann dem Betrachter einen Kuss geben möchte – wenn Ihr Euch die Abbildung bitte mal anschauen wollt, liebe Lesergemeinde!

Ja, früher ging der Raucher meilenweit für „Camel“ – heute gehen die „Camel“-Werber meilenweit, um einen Raucher zu finden.

Der Texter der neuen „Camel“-Werbung scheint ein Handwerker, sprich: Kupferstecher zu sein, denn er hat den Wortlaut aus der Werbung für „Das Handwerk“ gekupfert, der da lautet: „Mach Dein Ding!“ Und das hat er dann ins Englische übertragen, weil es ja auch ein englisches Camel ist und kein deutsches Kamel.

Das Handwerk: Do your thing!

„Do your thing“. Und darunter hat man wohlweislich ein Dromedar gesetzt, denn ein Kamel könnte in der Werbung für Zigaretten auch doppeldeutig verstanden werden. (Bevor jetzt Einspruch kommt: Ja, der Spießer weiß, dass ein Dromedar zur Familie der Kamele gehört! 😉 )

Warum der Gestalter das Produkt nur von der Kante her zeigt, lässt sich denken. Und darunter hat man auch nicht geschrieben: „Rauchen ist tödlich“, sondern die Form mit Filter: „Rauchen kann tödlich sein.“ Das lässt an den Slogan der Swinger-Clubs denken, der da lautet: „Alles kann, nichts muss!“

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 4. April 2017

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert